Die St.-Andreas-Kirche

Auf ein halbes Jahrtausend kann die St. Andreas-Kirche in Kalchreuth zurückblicken. 1972 wurde das fünfhundertjährige Jubiläum ihrer Erbauung gefeiert. Manche Stürme, die auf der Kalchreuther Höhe kräftiger wehen als anderswo, haben das Gotteshaus umtobt. Mancher Eingriff in seinen Bestand ist erfolgt. Nicht immer sind die wiederholten Restaurierungen befriedigend verlaufen. Aber die Substanz – ja mehr als diese – ist erhalten geblieben und das altehrwürdige Kirchengebäude verdient auch heute noch seinen Ehrennamen, ein Schatzkästlein in fränkischen Landen zu sein.

An Stelle des heutigen Chors stand ursprünglich eine kleine Kapelle, die im 14. Jahrhundert errichtet wurde und den Namen des Apostels Andreas erhielt. Die über der südlichen Eingangstür eingemeiselte Jahreszahl 1471 dokumentiert den Zeitpunkt der Errichtung des Langhauses, zu dessen Entstehung neben der Familie Haller die Kalchreuther Gemeinde selbst viel beigetragen hat. Das Haupthaus wurde am Laurentiustag, dem 10. August 1472, fertiggestellt. Der First des Schiffes ist niedriger als der im Jahre 1494 erbaute Chor, der von Jobst Haller d. Ä. gestiftet wurde.

Den Söhnen dieses Haller ist die herrliche, spätgotische Innenausstattung des Chors zu verdanken, an der sich kaum etwas verändert hat. Die hölzerne Kanzel mit der Darstellung Christi und und der Evangelisten und dem silbernen Schwan als Abschluss des Baldachins stammt aus dem Jahr 1693. 1788 wurde mit dem Bau des steinernen Turms begonnen, der die vorhergegangenen verschiedenen Dachreiter ersetzen sollte. Da die Haller den Neubau ablehnten, wurde er von den Gemeinden Kalchreuth, Käswasser und Röckenhof finanziert. Die Fertigstellung erfolgte 1789.

Wenn an sonnigen Tagen das Licht durch die beiden Fenster auf der Südseite der Kirche fällt, so bescheint es auf der linken Seite über dem Chorgestühl eine Anordnung von Figuren, die Christus mit den 12 Aposteln darstellt. Über ihren ursprünglichen Aufstellungsort, ihre Herkunft, ja sogar über die Farbe des Tons, aus dem sie gebrannt wurden, sind sich die Historiker uneinig. Vermutlich entstanden sie um 1400 in einer Nürnberger Werkstatt und schmückten bereits in der ersten Kapelle den Schrein des Choraltars. Unbestritten ist jedoch ihre Besonderheit, da sie die einzig vollständig erhaltene Gruppe ihrer Art ist. Die Figuren sitzen in starrer Haltung auf einem Sockel, mit Christus – etwas erhöht – in der Mitte. Im Gegensatz zu der Einfachheit und Gleichheit der Gewänder sind das Haupthaar und die Bärte – soweit vorhanden – plastisch und verschiedenartig herausgearbeitet. Die Skulpturen waren sicher einst teilweise vergoldet. Nach verschiedenen Restaurierungen sind die Gewänder jetzt vorwiegend weiß mit blauen Rändern und teilweise goldenen Bordüren. Das Gewand von Christus war silbern und ist jetzt schwarz oxidiert.

Neben den Tonaposteln zählen vor allem zwei „Dorsalien“ zu den außergewöhnlichen Kunstschätzen in unserer Kirche, wobei der Wandbehang, der jetzt am Westgiebel des Langschiffs in einer Glasvitrine untergebracht ist, das künstlerisch bedeutsamere Objekt darstellt. Dieser bereitete auch Generationen von Pfarrern Kopfzerbrechen, da er immer wieder restauriert werden musste. Lichteinwirkung, Feuchtigkeit, Motten und Schimmelpilz setzten ihm im Laufe der Jahrhunderte schwer zu. Die letzte Restaurierung wurde erst in diesem Jahr abgeschlossen. Das Grundmaterial des Teppichs, ein schwarzes Tuch, ist aus vielen Stücken zusammengesetzt, die sich in Form, Größe, stilistisch und qualitativ unterscheiden. Sie sind sicherlich verschiedenen Ursprungs und einzelne Motive, wie die „Wilden Leute“ deuten darauf hin, dass zumindest ein Teil für den häuslichen Gebrauch gefertigt und dann später – wie in dieser Zeit üblich – der Kirche gestiftet worden war. Die Stickereien mit Silber- (oder verblassten Gold-)fäden zeigen Geschichten aus dem Alten Testament, ausgeschmückt mit Fabelwesen und verziert mit Rankwerk. Vom Behang fertigte der Nürnberger Maler Georg Christoph Wilder im April 1829 eine Bleistiftzeichnung, die uns nicht erhalten geblieben ist, und eine leicht farbig angelegte Skizze an. H. M. Sauermann berichtete, dass 1898 „ganz bedeutende Renovierungen“ vorgenommen worden sind. Über die Restaurierung, die vom Februar bis Oktober 1973 in der Textilrestaurierungswerkstatt des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg durchgeführt wurde, liegt uns umfangreiches Beschreibungs- und Bildmaterial in Form eines Sonderdrucks aus dem Jahrbuch der Bayerischen Denkmalpflege vor.
 
Nachtrag: Im Jahre 2012 wurde der letztgenannte Teppich ins Germanische Nationalmuseum in Nürnberg verbracht, da eine schadstofffreie Ausstellung in der Kirche nicht mehr sichergestellt werden konnte. In der Kirche ist nun ein Replikat zu sehen.
 
Kirchenführungen: Palmsonntag und Kirchweihsonntag und bei Bedarf. Bei Anfragen, Wünschen und Anregungen wenden Sie sich bitte an das Evang. Pfarramt Kalchreuth.